09.09.2024
„Resilienz ist wie ein Muskel.“
Erstarkender Protektionismus, externe Schocks wie z.B. der Krieg in der Ukraine und hohe Energiepreise mit einer einhergehenden hohen Inflation – die vergangenen Jahre waren von hoher Unsicherheit geprägt. Wie können Unternehmen mit diesen Herausforderungen umgehen? Balluff baut auf das Grundprinzip Resilienz.

Was hat der Begriff „Resilienz“ mit Balluff zu tun?
Frank Nonnenmann: Den Begriff kennen viele aus dem persönlichen Stressmanagement. Er lässt sich aber auch auf Organisationen anwenden. Wie schaffen wir es, uns als Unternehmen an Schocks, Herausforderungen und Krisen anzupassen, sich davon zu erholen und gestärkt daraus hervorzugehen? Wir haben in den vergangenen fünf Jahren eine Vielzahl von „Jahrhundertereignissen“ erlebt – von der Corona-Pandemie, über das Zusammenbrechen internationaler Lieferketten oder die Zunahme internationaler Krisen und Kriege – mit den Auswirkungen müssen wir als Unternehmen jeden Tag umgehen.
Wie manövrieren Sie als Geschäftsführung sicher durch diese Welt?
Frank Nonnenmann: Eins ist klar: Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Als Unternehmer geht man immer ein gewisses Risiko ein, mit jeder Entscheidung. Doch Sie haben Recht, dass sich die Entwicklungen derzeit überschlagen. Das macht eine langfristige Planung, die auf Stabilität aufbaut, schwierig.
Wie meinen Sie das?
Frank Nonnenmann: Die 90er und 2000er waren geprägt von einem stetigen Ausbau der globalen Lieferketten und eine zunehmende internationale Vernetzung der Wirtschaftsräume. Krisen waren lokal begrenzt, Handelsschranken fielen und Unternehmen expandierten. Auch Balluff gründete in dieser Zeit viele seiner Vertriebsniederlassungen. In den 90ern unter anderem in Tschechien, Italien, Singapur und China und 2007 dann den Produktionsstandort in Chengdu. Schneller und günstiger werden – das waren die Hauptziele für den Aufbau der Supply Chain. Resilienz stand weniger im Fokus.
Frank Nonnenmann, Geschäftsführer Balluff
Entsprechend ist das Thema Resilienz heute für Unternehmen wichtiger?
Frank Nonnenmann: Resilienz war schon immer wichtig. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass ein Unternehmen über 100 Jahre alt wird. Balluff hat auch schon in der Vergangenheit stürmische Zeiten mit vielen Umbrüchen erlebt. Eine klare Richtung basierend auf starken Werten auch in unsicheren Zeiten vorgeben zu können, ist wichtig. Für uns hat der Kundenfokus dabei stets als Kompass fungiert. Er ist Teil der Balluff DNA. Das heißt, wir wollen nah am Kunden und den Märkten sein.
Um auch heute kurze Lieferzeiten und eine hohe Lieferfähigkeit zu garantieren, haben wir unser Produktions- und Logistiknetzwerk so umgebaut, dass es noch resilienter mit Veränderungen, Unsicherheiten und Störungen umgehen kann. Ein wichtiger Meilenstein war die Gründung des neuen Produktionsstandorts in Aquascalientes, Mexiko.
Damit haben Sie jetzt drei große Produktionsstandorte in Mexiko, Ungarn und China.
Frank Nonnenmann: Ja, genau. Das ist ein starkes Trio. Wir glauben an eine lokale und regionale Wirtschaft. Die drei Großserienstandorte decken damit unsere drei Hauptregionen ab. Die Diversifizierung der Produktion und unsere globale Präsenz sichern nicht nur unsere unternehmensinterne Flexibilität, sondern bieten auch unseren Kunden erhöhte Versorgungssicherheit. Unabhängig von den Entwicklungen in der Weltpolitik können sich Kunden darauf verlassen, dass Balluff ein zuverlässiger Lieferant ist.
Wir glauben an eine lokale und regionale Wirtschaft. Die drei Großserienstandorte decken damit unsere drei Hauptregionen ab.
Frank Nonnenmann, Geschäftsführer Balluff
Einer ihrer Unternehmenswerte ist Agilität. Kommt ihnen das zugute?
Florian Hermle: Das ausgeklügelte System ist immer nur so gut, wie die Menschen, die darin arbeiten. Wir können uns glücklich schätzen, so ein motiviertes und flexibles globales Team zu haben. Ohne den unbedingten Willen unserer Mitarbeitenden egal ob im Lager, der Fertigung oder Entwicklung, für unsere Kunden eine Lösung zu finden, auch wenn es mal schwierig wird, wäre das Unternehmen heute nicht hier. Zum individuellen Einsatz jedes einzelnen, kommt auch unsere Kultur der Zusammenarbeit auf lokaler wie globaler Ebene.
Wir haben nun viel über die Produktion gesprochen. Wie sieht es denn mit anderen Bereichen aus?
Frank Nonnenmann: Auch in der Logistik folgen wir unserer Strategie der Diversifizierung. Im vergangenen Jahr haben wir an unserem Standort in Ungarn ein hochmodernes Logistikzentrum eröffnet. Dort stellt voll- und halbautomatisierte Lagertechnologie eine optimale Produktionsversorgung und Verteilung an regionale Balluff Distributionszentren sicher.
Florian Hermle: Unsere Hausaufgaben haben wir auch im Vertrieb gemacht und setzen konsequent unseren Ansatz mit drei Kernregionen um. Durch unseren Webshop und unser Virtual Sales Team können wir schnell und unkompliziert auf Kundenanfragen reagieren und bleiben mit unsere lokalen Vertriebsniederlassungen aber auch immer nah bei den Kunden. Insbesondere wenn individuelle Automatisierungslösungen gefragt sind, kommt unseren Kunden unsere hohe technische Beratungskompetenz zugute,
Florian Hermle, Geschäftsführer Balluff
Wie sieht es bei den Balluff Lösungen aus? Wie helfen diese, die Produktionsprozesse resilienter zu machen?
Florian Hermle: Wir sehen großes Potenzial in der bereichsübergreifenden Bereitstellung sinnvoller Daten aus dem Produktionsprozess. Insbesondere die Möglichkeiten, die sich durch die Nutzung moderner IO-Link-Produkte ergeben, helfen den Kunden, resilienter und nachhaltiger zu werden und daraus einen echten Wettbewerbsvorteil zu erhalten. Auch im Bereich der industriellen Bildverarbeitung für die Robotik sehen wir großes Innovationspotenzial. Für den Einsatz von Robotern verfügen wir über Produkte, die hochpräzise Bilder liefern, um eine optimale Performance der Roboter zu ermöglichen. Für die Zukunft planen wir, unser bestehendes Portfolio um weitere Produkte zu erweitern, die gezielt Robotik-Applikationen wie Pick & Place und Bin-Picking unterstützen. Ein zunehmend wichtiges Thema für viele unserer Kunden im Maschinen- und Anlagenbau ist die digitale Inbetriebnahme. Das bedeutet, dass sie ein vollständig digitalisiertes Modell ihrer Anlage erstellen möchten und dafür selbstverständlich digitale Komponenten von Balluff benötigen. In Summe heißt das also: bessere Daten, höherer Nutzen und einfacheres Handling.
Resilienz ist wie ein Muskel: Wird er nicht regelmäßig in Anspruch genommen, verkümmert er.
Florian Hermle, Geschäftsführer Balluff
Resilienz muss man auch trainieren. Sind wir heute als Unternehmen resilienter als noch vor fünf Jahren?
Florian Hermle: Resilienz ist wie ein Muskel: Wird er nicht regelmäßig in Anspruch genommen, verkümmert er. Um Resilienz und Agilität zu trainieren, gaben uns die vergangene fünf Jahre ausreichend Gelegenheit. Deshalb sind wir sehr zuversichtlich, dass wir auch in Zukunft Veränderungen erfolgreich begegnen werden.